Far Cry 2: der endgültige K.O.
Marauder / Freitag, 20. Februar 2009
Ich gebe auf! Ich lasse es sein! Ich bin zu alt & zu müde!
Ich habe mich ja in der Vergangenheit "hin und wieder mal" über PC-Spiele "leicht" aufgeregt, weil sie langweilig waren, zu viele Bugs hatten, zu hohe Hardwareanforderungen & keine KI besaßen, weil sie quasi unspielbar waren oder einfach weil sie rundum totalen Bockmist darstellten. Ich tat dies nicht, weil ich "Deutscher" bin und zum Meckern verdammt, nein, ich tat es, weil ich ein gewisses Anspruchsdenken habe, mich mit unbefriedigenden Situationen nicht abfinden will und kann, weil ich den Lesern Geld sparen will, sie warnen, und weil ich aufzeigen will, welche geistigen Tiefflugaktionen veranstaltet wurden. Nun aber erfahre ich meinen persönlichen Knock Out, den Grund, mit dem ganzen verdammten Mist der Ego-Shooter ein für alle Mal aufzuhören.
Ich könnte mich jetzt über "SpecNaz2" aufregen, aber das lohnt sich nicht, denn dieses Spiel ist was für Zwischendurch, ist von vorn bis hinten veraltet, hat auch nicht den Anspruch, etwas "Tolles" zu sein. Ich widme meinen 3DS-Abschieb lieber einem Spiel, welches mir zeigt, dass ich zu alt für das Genre geworden bin: "Far Cry 2"
Ich habe den ersten Teil dei mal durchgezockt, habe mich immer wieder an der damals herrlichen Grafik ergötzt, habe mir mit Freude Schlachten geliefert, Sonnenuntergänge genossen, der gebotenen Bewegungsfreiheit gefrönt usw. usf.,kurzum: Far Cry war ein Meilenstein. Far Cry 2 ist dies auch, allerdings als Wegweiser ins trübe Nichts.
Ich habe mich lange auf FC2 gefreut, mir die Trailer angeschaut, die Screenies bewundert, und immer gehofft, auf meinem System würde es auch gescheit laufen. Zeitmangel und Stress sei Dank dauerte es recht lang, bis ich es dann endlich zocken konnte ... und nun, 7 Tage später, habe ich es de-installiert.
Die Grafik gefällt mir, die Steuerung ist gescheit, die Soundkulisse geht auch in Ordnung, das Fahrgefühl in Autos und Booten ist erstaunlich gut, die Hardwareanforderungen sind kein Problem und an der Stabilität des Spiels lässt sich auch nix aussetzen, auch die Idee, statt Geld auf Diamanten als Zahlungsmittel zu setzen, ist nicht unschlau. Soweit, so gut ... aber ein paar Aspekte enttäuschen mich nicht nur, sondern lassen mich am Engagement der Programmierer zweifeln, lassen mich darüber grübeln, ob ich noch zur Zielgruppe gehöre und ob mir das Spiel überhaupt gefallen kann.
Die Story ist OK, wenn auch irgendwie nicht im Zusammenhang mit FC1 zu setzen, zudem fehlt der Flair des ersten Teils, das real-komische, das Augenzwinkern eines schwerbewaffneten Hawaiihemdträgers, viel schlimmer aber noch ist die Monotonie:
Des Pfarrers öde Missionen: Sie gehen zu dem Typen, er gibt Ihnen Dokumente, Sie setzen sich ins Auto und tüdeln los. Nach 10 Minuten Spielzeit und 2 bis 5 Kämpfen mit Wachposten oder Patrouillen der verfeindeten Clans, bringen Sie 2 bis 3 weitere Gegner um, gehen ins Haus am Zielort, liefern die Papiere ab, bekommen dafür Anti-Malaria-Pillen, fertig. Es ist immer der gleiche Job, es ist immer das gleiche Haus, nur eben mal im Norden, mal Süden etc., immer sagt Ihnen ein Typ im Haus, dass die anderen bereits warten, und das tun sie auch: sie sitzen immer in einer Kammer, dann steht immer der eine Typ auf, freut sich, gibt Ihnen als Belohnung die Pillendose.
Des Waffenhändlers öde Missionen: Damit Sie mehr Feuerkraft oder nette Gimmicks kaufen können, müssen Sie dem Waffenhändler einen Gefallen tun, dieser besteht immer darin, einem anderen Waffenhändler den Tag zu vermiesen, indem man eine für ihn bestimmte Waffenlieferung verhindert. Also hetzen Sie los, nach 10 Minuten und 2 bis 5 Kämpfen mit Wachposten oder Patrouillen der verfeindeten Clans, stellen Sie sich dem Kampf gegen einen mit einem MG bewaffneten Jeep und einem ollen Laster. Sie ballern ein bisschen rum, jagen den Laster mit einer Handgranate in die Luft, fertig. Als Belohnung können Sie sich nun einen Sprengstoffgürtel, ein schniekes Sturmgwehr, eine schallgedämpfte Pistole o.Ä. shoppen. Immer fahren die Lieferjungs im Kreis eine gewisse Strecke ab, immer ist es ein Jeep und ein Laster, man kann stundenlang zuschauen, wie die ach-so-wichtige Lieferung durch die Gegend geliefert wird. Es ist auch egal, wenn Sie mal für den einen Händler und kurz darauf für einen anderen arbeiten.
Des Clanchefs öde Missionen: Wenigstens hier gibt es ein winzig Bisschen Abwechslung, denn mal müssen Sie in ein größeres, mal in ein kleines feindliches Lager, mal müssen Sie einen Generator mit einer Handgranate hochjagen, mal einen explosiven Behälter, mal müssen Sie die halbe Karte bereisen, mal die ganze, mal kämpfen Sie unterwegs gegen 2, mal gegen 5 feindliche Wachposten oder Patrouillen. Klingt "aufregend", oder? Nur um das deutlich zu machen: Sie arbeiten gleichzeit für beide Seiten, bekommen im 1. Kapitel jeweils 15 Diamanten, im 2. dann deren 30 ...
Der Freunde öde Missionen: man hätte so viel mehr aus der Kameraden-Idee machen können, stattdessen melden sich die Deppen immer, wenn Sie gerade eine andere Mission angenommen haben, also fahren Sie 10 Minuten durch die Gegend, kämpfen gegen 2 bis 5 gegnerische Wachposten oder Patrouillen, dringen in ein mal kleineres, mal größeres feindliches Lager ein, töten mal jemanden oder sprengen etwas mit einer Handgranate in die Luft. In 50% der Fälle verbockt der Kamerad dann etwas, sie retten ihn, indem sie 2 bis 10 Minute durch die Gegen fahren, gegen 0 bis 3 feindliche Wachposten oder Patrouillen kämpfen, mal auf mehr, mal auf weniger Feinde treffen, die gerade gegen Ihren Kameraden kämpfen.
Des Stimmenverzerrten öde Missionen: über die Karten verteilt stehen große Funkmasten, daran hängt jeweils eine Box, die Sie öffnen, dann einen anonymen Anruff empfangen und einer stimmenverzerrten Stimme lauschen, die Ihnen sagt,Sie sollen in die Waffenstillstandszone (Stadt), um jemanden zu eliminieren. Fahrt ... Wachposten ... ich spare es mir mal. Aber ein ist "toll": es handelt sich immer um einen Zivilisten, der scheinbar extra zum Sterben in die Stadt teleportiert wird. Sobald er tot ist, gehen die Bewaffneten der Stadt auf Sie los, Sie flüchten aus der Zone, fertig. Dann schlafen Sie z.B. eine Runde und kommen in die Zone zurück, als wäre nie etwas gewesen. Zwischendurch natürlich Fahrt ... Wachposten ... na Sie wissen schon ...
Die öden Wendungen: Kein schlechter Film der Geschichte kam ohne dieses Szenario aus: Ihr Gegner hat Sie irgendwie überrumpelt (Hinterhalt, festes Skript, keine Chance) und denkt, es sei nun definitiv aus mit Ihnen, Sie bleiben jedoch am Leben und rächen sich. Nach dem 1. Kapitel kommen Sie im Sandsturm wieder zu sich, retten sich in ein Häuschen, der ehemalige Feind, für den Sie mal gerarbeitet haben, gibt Ihnen eine 2. Chance und ... jo, willkommen im 2. Kapitel, willkommen im gleichen Mist wie vorher.
Das heißt? Die eigentliche Mission dauert in Normalfall 20 Sekunden bis 2 Minuten, der Weg hin und zurück oft locker 6 bis 7 mal so lang, dieser ist auch deutlich kniffliger, weil die feindlichen Wachposten oder Patrouillen wirklich tierisch nerven, permanent re-spawn-en. Könnte man nun natürlich sagen "Hey, IVI, fahr doch mit dem Bus!?", ja, aber die Haltestellen sind am Soffwechselandproduktausgang der Welt! Apropos Endprodukt: die KI wurde scheinbar nie "fertig"gestellt, denn gern fahren sich die Gegnerdeppen selbst mit dem Auto um, treffen auf 5 Metern Entfernung nicht mit dem MG, wohl aber auf 100 Meter mit ihren altersschwachen Gewehren durch Bäume und Sträucher. Auch kann man oft beobachten, dass ein einzelner Gegner, der so 30 Meter von Ihnen entfernt ist, sich in sein Auto setzt, um zu Ihnen zu fahren, statt sich ans MG auf dem Wagen zu stellen und Sie zu beschießen. Den Gegner ist außerdem nur extrem selten bewusst, dass sie Handgranaten tragen und diese ja eigtl. einsetzen könnten. Nein, lieber bekommen sie einen Adrenalinschub und vollführen die beklopptesten Auto-Stunts, wobei sie auch oft das Auto stehenlassen und lieber Ihnen hinterherjagen, während Sie mit Vollgas davondüsen. Wenn Sie gerade außer Sicht sind, vll. versteckt (das klappt natürlich super auch in simpen Gebäuden!), dann schreien die Gegner zu Ihrer Belustigung regelmäßig "Wo bist Du? Ich sehe Dich! Wo bist Du? Ich sehe Dich!" herum und brüllen sich gegenseitig mit "Nein, hierbleiben! Flanke sichern!" an - "Taktik" ist für die KI dabei jedoch ein Fremdwort, denn ein Hühnerhaufen ist weniger chaotisch, wohl aber engagierter und zielstrebiger.
Und ein paar Fragen: Warum kann man keine Geschütze zerstören? Oder Wellblechzäune? Bäume fackeln ja schön ab, man kann ja auch Sträucher abholzen und auch Granaten kennen den Begriff "Physik", sie rollen realistisch durch die Gegend. Die Federn der Autoräder machen einen guten Job, schaut nett aus, aber warum sind im Fußraum unbewegliche Füße? Warum können Gegner im gleichen Autotyp schneller fahren als ich? Wieso ist der Buggy eigentlich langsamer als der alte, schrottige Kleinwagen? Rauchende Motorräume sind net, aber platte Reifen wären auch nicht falsch. Zersplitternde Hochstände sind toll, aber warum überlebt es der Scharfschütze, der da drin steht? Und weshalb stehen eigtl. überall explosive Fässer herum? Wieso brennt der sandige Trampelpfad? Wer kam auf die Idee, Autos so explodieren zu lassen, dass die Macher der bekannt hirnrissigen Serie "Alarm für Cobra 11" vor Neid ergrünen würden, wenn sie dies sehen täten? Und warum haben Allrad-Fahrzeuge kein Allrad?
Bleibt festzuhalten: Ubisoft hat mit FarCry2 einen optisch guten, doch kotzlangweilgien Shooter geschaffen, für den Abwechslung ein absolutes Fremdwort ist. FC2 war nicht meine letzte Hoffnung, aber ich weiß, dass DukeNukem4Ever (wenn es denn jemals erscheint) mich auch bitter entäuschen wird und daher entsage ich fortan dem Genre des 3D-Shooters ... oder wie ich es zukünftig nennen werde: "Langeweileballerei-in-schöner-Umgebung".